Suffizienzorientierte
Stadtentwicklung Wuppertal

Wintersemester 2022/2023

Masterarbeit von Manuel Kramm

„Der Traum vom ewigen Wachstum ist geplatzt. Reduktion ist keine modische Attitüde, sondern Überlebensnotwendigkeit.“ (BDA 2019)

So beginnt das BDA-Positionspapier „Das Haus der Erde“ (BDA 2019). Auch verschiedene Studien kommen zu dem Ergebnis, dass die Pro-Kopf-Wohnfläche in Deutschland reduziert oder zumindest nicht weiter ansteigen darf, um die Klimaziele Deutschlands zu erreichen (UBA 2019: 404; Wuppertal Institut 2020: 97; Mahler et al. 2019b: 31 f.). Doch wie sieht Reduktion in Bezug auf das Wohnen konkret aus? Werden wir zukünftig in gemeinschaftlichen Wohnformen, Mikro-Apartments oder Tiny Houses wohnen, um unsere Pro-Kopf-Wohnfläche zu reduzieren? Und wie lässt sich dies mit dem Gebäudebestand vereinbaren, der nicht für diese Wohnformen ausgelegt wurde?

In einer überwiegend wissenschaftlichen Arbeit konnten durch eine Analyse der Pro-Kopf-Wohnfläche soziodemografische Mengeneffekte neben sozioökonomischen und -kulturellen Kohorteneffekten als ausschlaggebende Faktoren für den Anstieg in den letzten Jahrzehnten ermittelt werden. Die Architektur und die Stadtplanung haben zudem einen entscheidenden Einfluss darauf, ein standortbezogenes Wohnungsangebot zu schaffen, bei welchem der Wohnflächenverbrauch den -bedarf nicht überschreitet. Es konnte aufgezeigt werden, dass je nach soziodemografischer und -ökonomischer Gruppe unterschiedliche Entwicklungen stattfinden und die Ungleichheit in der Verteilung der Wohnfläche zugenommen hat.

Als Fallbeispiel wurde die Großstadt Wuppertal näher betrachtet. Als suffizienzorientierte Stadtentwicklungsplanung wurden in Abhängigkeit von soziodemographischen, ‑ökonomischen und baulichen Strukturmerkmalen sinnvolle bauliche Eingriffe antizipiert, die zu einer Reduktion der Pro-Kopf-Wohnfläche führen können, ohne die Bewohner aus ihrem Quartier zu verdrängen. Eine wesentliche Rolle spielen dabei Umbauten und Ergänzungen, sowie Umzüge auf Quartiersebene.

An einer suburbanen Wohnsiedlung in Wuppertal aus den 1960er Jahren konnte konkret aufgezeigt werden, dass bauliche und organisatorische Lösungen für suffizienteres Wohnen gefunden und durch moderate Anpassung des vorhandenen Baurechts von Bewohnern im Quartier genutzt werden könnten. Der Entdichtung des Quartiers kann somit entgegengewirkt werden, was Auswirkungen auf die soziale Infrastruktur und die Belebung des Quartiers haben kann, sodass sich die Lebensqualität trotz geringerer Wohnfläche womöglich verbessert.

Die Arbeit ist somit als ein Aufruf zu einer Gestaltung von Transformation zu verstehen. Um den Bestand zu schützen, zu sanieren und Neubau zu vermeiden, wird es zwar als notwendig erachtet, mehr Wohnungen zu schaffen, allerdings nicht mehr Wohnfläche. Daher gilt es kleinere Wohnungen in bestehenden Quartieren zu ergänzen, Wohnungen zu teilen oder umzubauen, um ein niederschwelliges suffizientes Wohnangebot zu schaffen.

Literatur

BDA (Bund Deutscher Architektinnen und Architekten) (2019): Das Haus der Erde. Positionen für eine klimagerechte Architektur in Stadt und Land. 2. Aufl., Berlin: BDA. [online] https://www.bda-bund.de/wp-content/uploads/2019/04/20190819_DasHausDerErde_Monitor.pdf [Zugriff: 06.06.2022].

Mahler, Boris/Idler, Simone/Gantner, Johannes (2019b): Mögliche Optionen für eine Berücksichtigung von grauer Energie im Ordnungsrecht oder im Bereich der Förderung. Endbericht. Stuttgart: Steinbeis-Transferzentrum, Fraunhofer IBP.

UBA (Umweltbundesamt, Hrsg.) (2019): Wege in eine ressourcenschonende Treibhausgasneutralität. RESCUE – Studie. 2. Aufl., Dessau-Roßlau: UBA. [online] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/rescue_studie_cc_36-2019_wege_in_eine_ressourcenschonende_treibhausgasneutralitaet_auflage2_juni-2021.pdf [Zugriff: 27.06.2022].

Wuppertal Institut (2020): CO2-neutral bis 2035: Eckpunkte eines deutschen Beitrags zur Einhaltung der 1,5-°C-Grenze. Bericht, 2. Aufl., Wuppertal. [online] https://epub.wupperinst.org/frontdoor/deliver/index/docId/7606/file/7606_co2-neutral_2035.pdf [Zugriff: 05.06.2022].

Betreuerinnen: Prof. Dr. Laura Calbet Elias, Prof. Dr. Martina Baum

Preise: Die Arbeit wurde mit einer Anerkennung beim UVP-Studienpreis 2024 durch die UVP-Gesellschaft (Gesellschaft für die Prüfung der Umweltverträglichkeit) e.V. ausgezeichnet.

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