Nachruf Prof. Klaus Humpert (1929 - 2020)

10. Oktober 2020

Die Fakultät Architektur und Stadtplanung der Universität Stuttgart trauert um ihren früheren Kollegen Prof. Klaus Humpert. Klaus Humpert war von 1982 bis 1994 Professor für Stadtplanung und Entwerfen am Städtebau-Institut. Er starb am 10. Oktober 2020 in Freiburg, im hohen Alter von 91 Jahren. Wir haben eine außergewöhnliche und hoch angesehene Persönlichkeit verloren. Sein Lebenswerk strahlt weit über unsere Fakultät und die engere Fachöffentlichkeit hinaus. 

Klaus Humpert studierte in den frühen 1950er Jahren Architektur an der TH Karlsruhe; unter anderen waren Egon Eiermann und Otto Ernst Schweizer seine akademischen Lehrer. Nach dem Diplom 1955 arbeitete er zunächst zehn Jahre in der Staatlichen Bauverwaltung in Freiburg. In diese Zeit fielen seine Entwürfe für die Rundhochhäuser in Lahr (gebaut 1959-62, seit 1996 unter Denkmalschutz) und das Kurhaus in Badenweiler (gebaut 1969-72), die seinen Ruf als hervorragender Hochbauarchitekt begründeten. Von 1965-82 war er im Freiburger Stadtplanungsamt tätig, seit 1970 als Amtsleiter. Mit seinen Konzepten zur Stadterneuerung und Gestaltung des öffentlichen Raums konnte er in kurzer Zeit den ausgezeichneten Ruf Freiburgs als Ort innovativen Städtebaus etablieren. Sein herausragendes Wirken in der kommunalen Planung brachte ihm dann die Professur am Städtebau-Institut als Nachfolger von Egbert Kossak. Mit seiner Berufung wandte sich die Städtebaulehre an unserer Fakultät wieder stärker den räumlichen Dimensionen des städtebaulichen Entwerfens zu. 

Seine langjährigen Erfahrungen als kommunaler Planer und als entwerfender Architekt und Städtebauer bestimmten die Städtebaulehre von Klaus Humpert. Mit immer hochaktuellen und originellen Seminar- und Entwurfsthemen erreichte er sehr viele Studierende und konnte sie für die Stadtplanung als Vertiefungsschwerpunkt gewinnen. Er war ein außerordentlich beliebter Lehrer, der eloquent und leidenschaftlich für sein Stadt- und Entwurfsverständnis eintrat und seine Umgebung begeisterte. Betreuungen auf dem Flur in den späten Abendstunden waren keine Seltenheit. Über die Jahre entstand ein Lehrkonzept, das „Stadtlesen“ und „Entwerfen mit den Bausteinen der Stadt“ ins Zentrum rückte und schulbildend wurde. Unter Studierenden legendär waren seine Fahrradexkursionen durch die europäischen Metropolen. 

Die Persönlichkeit und das Wirken von Klaus Humpert hat in den 1980er und frühen 1990er Jahren Generationen von Absolventinnen und Absolventen geprägt. Viele von ihnen, die heute an verantwortlicher Stelle in kommunalen Planungsämtern, an Hochschulen oder in freien Büros tätig sind, bezeichnen sich ausdrücklich als Humpert-Schüler.   

Neben seiner Professur arbeitete Klaus Humpert in wechselnden Arbeitsgemeinschaften an städtebaulichen Rahmenplänen und Konzepten für den öffentlichen Raum. Vor allem aber war er der Praxis als Jurymitglied in zahlreichen städtebaulichen Wettbewerben verbunden, darunter äußerst prominente Verfahren, in denen er auch den Vorsitz hatte (Stuttgart 21, Campus Westend Frankfurt und viele andere). 

In sein Dekanat fielen die Einrichtung des Fachgebiets „Städtebau in Asien, Afrika und Lateinamerika“, heute „Internationaler Städtebau“, am Städtebau-Institut, mit dem sich die Fakultät international öffnete, sowie die Entscheidung der Fakultät, ihren Namen zu erweitern, wie wir ihn heute kennen: “Architektur und Stadtplanung“.

Spät entdeckte er – „zu seiner Überraschung“, wie er selbst sagte – seine Leidenschaft für die Forschung. Im Rahmen des DFG-Sonderforschungsbereichs „Prozess und Form natürlicher Konstruktionen“ von Frei Otto (1987 bis 1992) untersuchte er gemeinsam mit Mitarbeitern seines Instituts Gesetzmäßigkeiten in den scheinbar chaotisch wachsenden Agglomerationen weltweit. Ab 1990 analysierte er die Entstehung mittelalterlicher Stadtgrundrisse, wozu ihn seine intime Kenntnis des Freiburger Altstadtgrundrisses angeregt hatte. Das Thema hat ihn auch noch viele Jahre nach Verlassen der Universität beschäftigt. Sein Buch „Entdeckung der mittelalterlichen Stadt. Das Ende vom Mythos der gewachsenen Stadt“ (2001, gemeinsam mit Martin Schenk) weckte hohe publizistische Aufmerksamkeit und löste fachliche Kontroversen aus.

Klaus Humpert wurde mehrfach für sein Werk und sein Wirken geehrt. Im 1972 erhielt er den Hugo-Häring-Preis für das Kurhaus Badenweiler, 1982 den Fritz-Schumacher-Preis für seine Wirken als Planungsamtsleiter in Freiburg und 2005 das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Als Emeritus ist Klaus Humpert der Fakultät und dem Städtebau-Institut immer verbunden geblieben, vor allem über den Preis für innovativen Städtebau, einen studentischen Wettbewerb, der vom Lehrstuhl zweijährlich zu je wechselnden Themen ausgelobt wurde. Der Wettbewerb – von Freunden und Mitarbeitern als Abschiedsgeschenk gestiftet – trug über viele Jahre seinen Namen und erreichte in zwanzig Jahren eine große Zahl von Studierenden in Deutschland Österreich und der Schweiz.

Im vergangenen Herbst gab das Städtebau-Institut anlässlich seines 90. Geburtstags zu Ehren von Klaus Humpert einen Empfang. Der Dekan, alle aktuellen und früheren Professoren, zahlreiche seiner früheren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und viele seiner früheren Absolventinnen und Absolventen kamen, um ihm, dem immer noch hellwachen  und optimistischen Jubilar, ihre Reverenz zu erweisen. 
 
Klaus Humpert wird eine große Lücke hinterlassen. Wir werden ihn sehr vermissen.

Für das Städtebau-Institut
Prof. em. Dr. Johann Jessen, Prof. em. Dr. Franz Pesch

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